Wien, 16. September 1940

«Sehr geehrtes Fräulein! Da es mir leider nicht möglich ist, Sie im Büro zu sprechen, bitte ich Sie sehr, mir außerhalb der Amtsräume Gelegenheit zu einem Zusammentreffen zu geben.»

Berlin [Postkarte], 15. Oktober 1940

«In Berlin war heute Nacht von 11 bis 5 h früh Fliegeralarm und auch unser D-Zug fuhr von Brezlau bis Guben durch Alarmgebiet.»

Mauerbach, 08. Dezember 1940

«Am Samstag habe ich noch versucht, Dich zu sehen und Dir einen schönen Sonntag zu wünschen, aber leider trotz mehrmaligen Kreuzen des Ganges im 4. Stock vergebens.»

Wien, 08. Juni 1941

«Wenn Du es nur spüren könntest, wie glücklich mich jedes liebe Wort, jeder Händedruck von Dir macht und wenn ich weiß, dass Du hie und da ein kleines bißchen an mich denkst. Ich möchte, dass auch Du so glücklich bist und will mich bemühen Dir immer eine gute Frau zu sein.»

Mauerbach, 16. Oktober 1941

«Einst war mein Wunsch Vertreter zu werden und reisen, immer reisen. Und nun krampft sich mir immer das Herz zusammen wenn ich auf ein bis zwei Tage weg muss. Es ist doch was wunderliches an der Liebe. Ein so kurzes Wort und so mächtig.»

Wien, 10. November 1941

«Immer wenn ich nicht bei Dir bin, packt mich eine so riesen große Sehnsucht nach Dir, die mich nicht mehr verläßt und mich ständig begleitet, die mein Herz zugleich froh und zugleich traurig macht – glücklich weil ich Dich habe und traurig, weil ich nicht bei Dir sein kann.»

Laa, 09. Dezember 1941

«Du glaubst immer, bei mir wäre die Liebe nicht so groß wie bei Dir. Glaubs mir, sie füllt ebenso mein ganzes Sein aus, nur kommt es bei mir vielleicht anders zum Ausdruck.»

Wien, 11. November 1942

«Ich fahre erst heute 6 Uhr abends, da ich zuviel im Büro zu tun hatte und ferner versch. Besorgungen für die Wohnung.
Ich habe bekommen:
Für 1 Zimmer u. Kabinett Tapeten
Adresse für Tapezierer hat Mutter. Geht noch diese Woche hin.
1 Schlafzimmer dunkel M 1400,- wie neu. Ist heute zum Aufpolitieren gegangen
Frau Jelinek stellt uns teilweise ein Speisezimmer zur Vefügung
Sobald Sie ein schönes, modernes Zimmer erhält, wird es ausgetauscht.
Ferner kann ich noch kaufen:
1 Fauteuil als Schlafbank verwendbar
1 modernen Lehnstuhl
1 wunderbare Biedermeiergarnitur
Ich hoffe, dass Du bis Samstag wieder hergestellt bist, dann werden wir uns
alles ansehen.»

Laa, 11. November 1942

«Ich habe einige Gewissensbisse, dass ich ohne auf Dich zu warten, die Schlafzimmermöbel gekauft habe. Aber ich musste rasch handeln. Mutter war in Möbelgeschäften fragen; vor einem Jahr kann nichts geliefert werden. Außerdem ist jetzt die Ausführung schon sehr mangelhaft.»

Feldpost [Postkarte], 26. März 1943

½ stündigem Weg zur Kaserne. Fahrt war sehr gemütlich. Heute mittags gab es das erste Essen.»

Frain, 06. April 1943

«Mit dem Gewehr bin ich jetzt schon recht gut vertraut. Es wurde als unsere Braut bezeichnet, man muss es hegen und pflegen wie diese.»

Frain, 14. April 1943

«Ich werde Dich Samstag von der Bahn abholen, nur glaube ich nicht, dass ich schon vor 5 h wegkomme. Wenn ich aber noch nicht auf der Bahn sein sollte, dann warte bitte dort auf mich. Heute um 2 h mittags gab es in Frain bis ¾ 3 h Fliegeralarm. Wir waren gerade ohne Hemd, bereit für die 3. Impfung gegen Thyphus. Rasch den Rock über, Stahlhelm auf, Koppel u Gewehr über und im Laufschritt vor die Baracke. Ich war Brandwache in Baracke 8, musste aber nicht ausrücken; die anderen marschierten in den Splittergraben. Gab es in Wien auch Alarm?»

Schattau, 05. Juni 1943

«Ich befinde mich seit Donnerstag nachmittags im Heldenspital in Schattau. Krankheit: Diphterie. Aber keine Sorge. Es geht mir schon besser. Mein Fieber ist von 39,4° am 3.6. auf 37° heute gefallen. Ich fühle mich nach fast 2-tägigem Schlaf wieder ganz wohl.»

Schattau, 17. Juni 1943

«Du hast im letzten Brief davon gesprochen, mich evtl. diesen Sonntag wieder zu besuchen. Bitte tue es nicht; aus 2 Gründen.»

Frain, 24. Oktober 1943

«Wir sind also ein Jahr verheiratet. Wie rasch ist die Zeit vergangen, wie schön war sie, an dem Leid vieler anderen gemessen, und wie viel schöner hätte sie noch werden können, wenn nicht der Krieg wäre. Aber ich will nicht in Fantastereien verfallen. Mir liegt das ganz und gar nicht. Ich will Dir nur am Vorabend unseres Hochzeitstages sagen, dass ich mich glücklich schätze, Dich meine Frau nennen zu dürfen und ich hoffe aus tiefster Überzeugung heraus, dass unser Verstehen auch weiterhin so vollkommen bleibt. Es wäre zwar schön gewesen, wenn wir an diesem Tag hätten beisammen sein können, aber besser getrennt in Frain und Wien, als in Wien auf Urlaub von Russland oder Italien.»

Frain, 10. November 1943

«Es ist Mitternacht; soeben haben wir für vorläufig die Aktion abgeblasen. Urlaubssperre bleibt weiterhin aufrecht. Die Soldaten dürfen schlafen, allerdings in der Montur!»

Frain [Postkarte], 26. November 1943

«Ich kann Die die erfreuliche Mitteilung machen, dass soeben vom Batl. die telef. Meldung kam, wonach ich mit sofortiger Wirkung UK gestellt wurde. Ich rufe noch an, wann Du mir meine Zivilkleider bringen sollst.»

Wien, 07. September 1953

«Jetzt lache ich auch schon wieder. Aber es ist dieses Lachen noch mit Weinen vermischt, weil ich Dir nicht helfen kann, und Dich in Deinen Schmerzen allein lassen muss. Aber ich weiß, dass Du diese Nacht schon viel besser geschlafen hast und Du erst bei Morgengrauen wach geworden bist. Habe ich richtig empfunden?»

Wien, 10. September 1953

«Die Kinderchen sprechen nur noch vom Samstag. Da gehen wir zu Mutti und Drachensteigen. Für Tini zumindest ist beides gleichwertig. Bert sendet Dir heute wieder einen Brief. Ich hoffe, dass dir der Einfall gefällt. Sie haben gestern mit Frieda das Küsse drücken auf´s Papier geübt.»

Wien, 17. September 1953

«Solltest Du Dir überdies noch Gedanken wegen der Ohrgehänge machen, dann hiezu noch folgendes: Ich kenne Dich und Du kennst mich. Wir wissen, dass wir, die wir uns in so vielen so prächtig ergänzen, in Dingen des persönlichen Geschmackes nicht zu jener Einheit kommen. Es war dieses Geschenk wieder ein Beweis dafür und es ist mir durchaus nichts, wenn Du es umtauscht. Ich werde aber auch in Zukunft versuchen, Deinen Geschmack ohne vorherige Absicherung zu erraten.»

Gelesen von:

Doris Geml und Bernhard Studlar

Gesamtdauer:

29′41′′

Kommentar der Tochter von Elisabeth und Sebastian (2005):«Mein Vater lernte mit 30 meine 18-jährige Mutter kennen. Beide waren bei den Stahlwerken in Wien beschäftigt. Meine Mutter hat für ihre Kollegen einen Korb Äpfel von der Meierei Föhrenhof in Niederösterreich mitgebracht und ist mit dem Paternoster gefahren, mein Vater ist zugestiegen und fragte: ‹Fräulein, wo haben Sie die schönen Äpfel her› ... und die Liebe begann. Mein Vater ist 1995 gestorben. Meine Eltern sind 53 Jahre verheiratet gewesen.»