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In 5000 Liebesbriefe werden Briefe von Liebenden aus hundert Jahren und jedem Lebensalter hörbar. An einer Bartheke stehen zwölf Stunden mit Liebeserklärungen, Abschiedsworten oder heimlichen Botschaften auf fünfzig verschiedenen Tonbandkassetten zur Wahl. Die Besucher:innen werden an der Theke beraten und mit Kassetten ausgerüstet, setzen sich in einen bequemen, seitlich geschlossenen Sessel und hören die ausgewählten Korrespondenzen.

Mats Staub hat die Installation 2004 zusammen mit der Szenografin Barbara Pulli am Theater Neumarkt in Zürich realisiert–die Briefe stammten aus dem 'Zürcher Liebesbriefarchiv', einer nicht-öffentlichen wissenschaftlichen Sammlung von gut 5000 Liebesbriefen. Die daraus ausgewählten Briefe wurden vom gesamten Team des Neumarkt Theaters (Schauspieler:innen, Mitarbeiter:innen von Werkstätten, Verwaltung, Kasse, etc.) eingelesen und auf dem aussterbenden Medium Tonbandkassette zugänglich gemacht.

2005 erarbeitete Mats Staub mit Svetlana Marchenko in St. Petersburg die russische Version 5000 ljubovnich pisem: Briefe aus der Zürcher Edition wurden übersetzt und mit neu über Aufrufe gesammelten russischen Korrespondenzen kombiniert. Für die Wiener Festwochen 2006 wurden dann über Inserate Liebesbriefe aus ganz Österreich gesucht. Von den über 3000 eingesandten Briefen (von mehrseitigen handschriftlichen über Zettelchen und Postkarten bis zu ersten E-Mails und SMS), hat er 50 Korrespondenzen ausgewählt und zu anonymisierten Textfassungen verarbeitet. Diese wurden mit 84 Sprecher:innen eingelesen und während der Festwochen in fünf Wiener Kaffeehäusern präsentiert.

In diesem ersten Projekt kommt bereits vieles vor, was auch in späteren Arbeiten von Mats Staub immer wieder prägend ist: die Vielstimmigkeit; die Arbeit mit gesammelten Erfahrungen aus dem realen Leben von nicht berühmten Menschen; das Zusammenführen verschiedener Lebensalter; Chronologie als Ordnungsprinzip; verschiedene Versionen für verschiedene Länder und Kontexte; ein Angebot an Aufnahmen, das zu groß ist für einen Besuch und die Zuschauer:innen dazu auffordert, eine persönliche Wahl zu treffen.

Presse

«Das Projekt der 5000 Liebesbriefe, das in Zürich gestartet wurde, danach in Moskau seine Fortsetzung fand und nun Österreich anvisiert, ist im Grunde ein mentalitäts-geschichtliches Forschungsvorhaben, dessen Highlights in künstlerischer Aufbereitung präsentiert werden. Es gibt Auskunft, wie sich das Verständnis von Liebe emotional, erotisch und sexuell im Lauf von hundert Jahren gewandelt hat und wie nahe man einander in der Sprache kommen durfte und darf.»
Wiener Zeitung, 17.05.2006

«The letters offer the broadest possible picture of what love is, show that it is not exclusive to one age group and illustrate the troubles it often has to overcome to survive.»
The St. Petersburg Times, 15.02.2005

«Die Sätze sprudeln über oder bleiben im Hals, in der Feder stecken, die Welt wird neu gesehen, neu erfunden und die Wörter dazu, egal, dass das Medium Brief in Zeiten von Telefon, E-Mail und SMS einen anderen Stellenwert bekommen hat. Das ‹liebe, liebe Muckelchen› wird angebetet, das ‹höchstschwangere Wollknäuel mit Goldherz› besungen, oder man fragt zu Tode betrübt: ‹Wozu, warum weiterwursteln, wenn die Wurst alle ist?› Zehn Stunden Liebesgeschichten hat das Team zusammengeschnitten; und wer sich da in keinem Satz dieser Höllen und Himmel total normaler Leute wieder findet, der, ja, der hat wohl noch nie geliebt.»
Neue Zürcher Zeitung, 14.02.2004

Stationen

2006

Wien

Wiener Festwochen

Winterthur

Museum Lindengut

Bern

Museum für Kommunikation

2005

Luzern

Luzerner Theater

Ekaterinburg

Festival Na Grani

Novgorod

Zar-Skazka Festival

Moskau

Teatr.Doc

Sankt Petersburg

Baltijski Dom

2004

Wohlen

Festival WortArten

Solothurn

Solothurner Literaturtage

Zürich

Theater Neumarkt

Credits

Konzept, Dramaturgie

Mats Staub

Konzept, Ausstattung

Barbara Pulli

Tontechnik

Fritz Rickenbacher, Susanne Affolter (Zürich); Vadim Rokizkij (St. Petersburg); Ernst Zettl, Uli Guggenberger, Volker Werner, Florian Widhalm, Hans Wagner, Ulrich Treutwein (Wien)

Mitarbeit Produktion

Andreas Bögli (Zürich), Ali Zhamaletdinow (St. Petersburg)

Dramaturgie, Besetzung Wien

Elisabeth Schack

Assistenz Wien

Anna Latsanich, Susanne Pirker

Produktionsleitung

Svetlana Marchenko (St. Petersburg), Celestine Kubelka (Wien)

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