Eastbourne, 08. August 1995

«Allererst möchte ich dir sagen, DASS ICH DICH VERMISSE. Ich will dich sehen – und daran kann ich nichts ändern! Es sind noch 19 Tage bis ich wieder in Wien bin. Dann kann ich Dich jeden Tag anrufen! Hier ist es leider nur zeitweise ‹lustig› (den Umständen entsprechend). Deswegen habe ich ‹zu› viel Zeit um an Dich zu denken. – Bitte verstehe das nicht falsch!»

Eastbourne, 10. August 1995

«Ich habe wieder daran denken müssen wie lange diese bescheuerten drei Wochen sind. Immer wenn ich daran denke dreh ich durch und könnte mich dafür umbringen, daß ich nicht irgendwie mit dir nach Frankreich gefahren bin. Oder zumindest in Wien geblieben um dich jeden Tag 2x anrufen zu können.»

Montpellier, 10. August 1995

«O Gott, ich weiß nicht, was ich hier tun soll, wie ich das je überlebe! Ich fühle mich so allein, so furchtbar einsam. Vor 1 ½ Stunden bin ich angekommen, und die Familie scheint auch in Ordnung zu sein, aber ich fühle mich, als ob das der schlimmste Tag meines Lebens wäre.»

Eastbourne, 11. August 1995

«Ich schreibe den Brief jetzt weiter. Ich habe dich gerade angerufen, aber am Telefon ist nicht genug Zeit um alles zu sagen. Ich kann z. B. nicht oft genug sagen, daß ich dich liebe! – Und ich bin verzweifelt.»

Montpellier, 14. August 1995

«Wie ich Deinen Brief gelesen habe, sind mir die Tränen über das Gesicht gelaufen – obwohl Du ihn vor einer Woche geschrieben hast, hoffe ich, dass sich – außer, dass die Familie netter ist und es Dir besser geht – nichts geändert hat. Oh doch – jetzt sind es noch 13 Tage, bis Du nach Wien fährst, und in 17 Tagen und 7 ¼ Stunden sehen wir uns.»

Eastbourne, 20. August 1995

«ES TUT MIR LEID DASS ICH BIS JETZT KEINEN BRIEF GESCHRIEBEN HABE, aber meine Briefe sind so ein Mist, daß ich sie dir nicht zumuten kann. Ich will lieber deine Stimme hören (Telefon).»

Wien, 14. July 1996

«P.S. Wie gesagt – Ich kann keine Briefe schreiben!»

Read by:

Barbara Schober und Felix Holzmair

Total playtime:

16'38''

Kommentar von Katrin (2005): «Die Briefe sind von meiner ersten, wirklich ‹großen Liebe›, mit der ich von November 1994 bis Mai 1999 zusammen war. Der erste Briefverkehr (1995, damals waren wir beide 16 Jahre alt) ging zwischen Frankreich und England hin und her, wo wir auf Sprachurlaub waren. Es war damals die erste ‹große Trennung› und wir waren beide totunglücklich – ich kann mich noch erinnern, als ob’s gestern gewesen wäre, wie ich die Tage gezählt habe und an den Moment, als er mich ganz schüchtern mit einer Rose in der Hand (und meinen Eltern im Rücken) vom Flughafen abgeholt hat und wir uns nach diesen 4 Wochen wieder hatten...
Die Briefe von 1996: ich war wieder in Frankreich und er in Wien und machte einen Ferienjob bei einer Bank. Diese meine erste ‹richtige› Beziehung hat mich bis heute sehr geprägt und obwohl sie sich nach 4 ½ Jahren totgelaufen hatte, da wir uns (wie es auch normal ist) gegen Ende der Pubertät in komplett entgegengesetzte Richtungen entwickelt haben, sind er und ich heute noch befreundet.»